Das Asherman-Syndrom: narbige Verwachsungen in der Gebärmutterhöhle
Diese erworbene
Veränderung der Gebärmutterinnenseite kann einerseits zu zyklisch auftretenden Schmerzen im Unterbauch führen, wenn der Abfluss des Menstrualblutes
teilweise oder vollständig durch die Vernarbung beeinträchtigt ist. Dementsprechend zeigt sich eine ausbleibende oder deutlich geringere Monatsblutung.
Andererseits sind die Vernarbungen Ursache für Aborte (Fehlgeburten) und für Sterilität (unerfüllter
Kinderwunsch).
Ursächlich für die Vernarbungen der Gebärmutterwände ist eine Schädigung der „Basalis“ (Regenerationsschicht der Gebärmutterschleimhaut) im Rahmen einer Curettage (= Ausschabung der Gebärmutterhöhle) zu Zeitpunkten an denen diese Schicht besonders verletzlich ist:
in der unmittelbaren Nachgeburtsperiode und in den ersten 4 Wochen des Wochenbettes
bei Östrogen -Mangelzuständen in der Zeit um die Curettage ( z. B. Wochenbettcurettage und Stillen)
beim Verbleib von Schwangerschaftsresten in der Gebärmutter im Rahmen eines Abortgeschehens oder eine Abortcurettage
bei Entzündungen der Gebärmutterinnenseite (= Endometritis)
bei operative Gebärmutterspiegelung mit Schädigung gegenüberliegender Uteruswandanteilen (diese vernarben, da die Schutzschicht der Gebärmutterschleimhaut fehlt)
Zur Häufigkeit:
Ursache |
Häufigkeit in % |
1 x Abortcurettage |
6 |
Curettage. b. Plazentaresten 2-4 Wochen nach Geburt |
23 |
Curettage wegen inkomplettem Abort |
bis 40 |
3 oder mehr Fehlgeburten mit Curettage |
48 |
Dieses Krankheitsbild wurde lange
Jahre vernachlässigt bzw. nicht erkannt.
Die Erstbeschreibung erfolgte zwar bereits 1948 durch J.G.
Asherman. Aber erst durch die Verbreitung der Hysteroskopie (=Gebärmutterspiegelung) - die Gebärmutterhöhle wird mit einem Endoskop untersucht, Narben können mit sog. Mikroscheren
durchtrennt werden - wurde dieses Krankheitsbild langsam bekannt. Dennoch wird der Verdacht auf Asherman-Syndrom häufig relativ spät gestellt.
Hinweisend sind:
die oben aufgeführten schädigenden Einflüsse auf die Gebärmutterwand,
eine Änderung des Blutungsverhaltens nach Curettagen,
Unterbauchschmerzen zum Zeitpunkt der erwarteten Menstruation mit allerdings minimaler
oder ausbleibender Blutung,
eine niedrige Schleimhaut in Zyklusmitte (durch Ultraschall feststellbar) - oder sonographische
Hinweise für Narbe
Zur Diagnostik:
transvaginaler Ultraschall
ev. Flüsssigkeits- oder Kontrastsonographie der Gebärmutterhöhle = HYCOSY
selten: HSG (Röntgen-Kontrast-Darstellung der Gebärmutterhöhle)
Gold-Standard: Gebärmutterspiegelung (= Hysteroskopie) - hier ist die endgültige Diagnose und gleichzeitige Therapie möglich - dabei werden die Verwachsungen durchtrennt. Diagnostische
Hysteroskopien sind ohne Narkose durchführbar.
Europäische Gesellschaft für Hysteroskopie, Klassifikation intrauteriner Verwachsungen (K. Wamsteeker 1990)
I° : Dünne oder leicht mit dem Hysteroskop zu trennende Adhäsionen (= Verwachsungen) , Region der Eileiterabgänge beidseits normal
II° : Einzelne feste Verwachsungen, die verschiedene Bereiche des Gebärmutterhöhle miteinander verbinden und nicht allein per Hysteroskop gelöst werden können; beidseits Eileiteröffnungen sichtbar
II°a : Verschließende Adhäsionen nur in der Region des inneren Muttermundes, oberhalb dessen normale Gebärmutterhöhle
III° : Multiple feste Verwachsungen, die verschiedene Bereiche der Gebärmutterhöhle miteinander verbinden und nicht allein mit dem Hysteroskop gelöst werden können; einseitiger Verschluss der Eileiteröffnung
III°a : Ausgedehnte Vernarbung der Wand des Cavums (= Gebärmutterhöhle) mit ausbleibender
( = Amenorrhoe) oder minimaler
Blutung ( = Hypomenorrhoe)
III°b : Kombination von III und IIIa
IV° : Ausgedehnte feste Verwachsungen mit Verklebung der Wände des Cavums; beide
Eileiteröffnungen verschlossen
Therapie:
Gebärmutterspiegelung mit Lösen / Durchtrennen der Verwachsungen mit einer Mikroschere, wird üblicherweise in Allgemeinnarkose durchgeführt . Bei ausgedehnten Narben sind u. U. mehrfache Eingriffe erforderlich. Anschließend wird häufig ein Mittel zur Vermeidung einer neuerlichen Verwachsung in die Gebärmutterhöhle eingebracht und bei Bedarf eine zusätzliche Hormongabe (natürliches Östrogen) für die postoperative Heilungsphase begonnen.
Ergebnisse:
Eine Studie von 85 Patientinnen mit schwerem Asherman-Syndrom (Klasse III und höher) und Kinderwusch zeigte in einer Nachbeobachtungszeit von 5 Jahren eine Schwangerschaftsrate von 61% (52 von 85 Frauen), es kam zu 16 Aborten (18,8%) und 36
Termingeburten (42,4%). Eine schmerzfreie Menstruation ist in fast allen Fällen erreichbar.
Falls die Gebärmutterschleimhaut vollständig fehlt (s.
selten), kommt es zu keinen weiteren Blutungen, dies ist auch nicht korrigierbar.
Vermeidungsstrategien:
- bei Plazentaresten bis 2 Wo. nach Geburt: Curettage unter Ultraschallkontrolle
- bei Plazentaresten mehr als 2 Wo.
nach Geburt: Ultraschall, operative Gebärmutterspiegelung
- Reste nach Abort oder Abortcürettage: operative Gebärmutterspiegelung
- nach Möglichkeit kein Eingriff in der Gebärmutterhöhle
im Stadium eines Östrogenmangels
OA Dr. Johannes Hartl Literatur beim Verfasser